Jedes Jahr erkranken in Deutschland fast eine Viertelmillion Menschen mit Diabetes mellitus an einem Diabetischen Fußsyndrom (DFS). Damit ist es eine der schwersten Komplikationen dieser Stoffwechselerkrankung. Eine sehr folgenreiche Sonderform des DFS ist der „Charcot-Fuß“, der jährlich bis zu 10.000-mal diagnostiziert wird. Hierbei brechen bei Betroffenen – meist unbemerkt – Fußknochen, was schlimmstenfalls Deformationen, nicht-heilende Wunden und sogar Amputationen zur Folge haben kann. Welche Anzeichen es für einen „Charcot-Fuß“ gibt und worauf Diabetespatientinnen und -patienten achten sollten, um ihre Füße zu schützen, erklärt Diabetesberaterin Yvonne Häusler vom Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD).
Durch einen langjährigen Diabetes oder dauerhaft schlechte Blutzuckerwerte können Menschen mit Diabetes Nervenschäden entwickeln – die so genannte Polyneuropathie. Betroffene nehmen Schmerzen schlecht oder gar nicht wahr, sodass sie Wunden oder Verletzungen häufig nicht oder zu spät bemerken. „Im schlimmsten Fall bemerken sie selbst Knochenbrüche im Fuß nicht“, erklärt VDBD-Vorstandsmitglied Yvonne Häusler. „Wird dieser sogenannte Charcot-Fuß zu spät erkannt, drohen langwierige Stellungskorrekturen des zerstörten Fußskeletts.“
Was ist ein Charcot-Fuß und wie entsteht er?
Jährlich werden bis zu 10.000 Menschen mit einem Charcot-Fuß diagnostiziert. „Meist beginnt der Erkrankungsprozess mit einem Ermüdungsbruch und es entsteht ein entzündliches Ödem“, so Häusler. In mehr als der Hälfte der Fälle brechen die Gelenke zwischen Fußwurzel und Mittelfußknochen, da dort die Belastung am größten ist. Bei jedem Fünften sind die Gelenke zwischen Zehen und Mittelfußknochen und bei jedem Zehnten die Sprunggelenke betroffen. „Das Fatale ist, dass durch die Nervenschäden, die dem Charcot-Fuß vorausgehen, die Patientinnen und Patienten die Verletzungen nicht spüren und ein Teufelskreis aus weiterer Belastung der Fraktur und zunehmenden Schädigungen am Fußskelett entsteht.“
Auch ein gut eingestellter Diabetes schützt nicht immer
Personen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes erkranken gleichermaßen häufig am Charcot-Fuß. „Entgegen geläufiger Meinung beobachten wir in der Praxis, dass auch Menschen mit einem optimalen Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) betroffen sein können“, führt Häusler aus. „Über die Erkrankungsursachen des Charcot-Fußes ist noch immer zu wenig bekannt, aber zu vermuten ist, dass – neben der Stoffwechseleinstellung und der Länge einer Diabeteserkrankung – auch die genetische Veranlagung eine Rolle spielen könnte.“
Ein Charcot-Fuß ist immer ein medizinischer Notfall
Um den Zerstörungsprozess am Fuß schnellstmöglich aufzuhalten, sei die Behandlung unbedingt durch geschultes Fachpersonal auszuführen. „Häufig begeben sich Betroffene allerdings zu spät in Behandlung. In einem späteren Stadium wächst der Knochen bereits deformiert zusammen“, warnt Häusler. Suchen Betroffene zwar frühzeitig eine Arztpraxis auf, lasse sich der Bruch jedoch nicht über Röntgen identifizieren. Da sei nur eine Magnetresonanztomografie (MRT) aufschlussreich. „Menschen mit Diabetes sollten sich daher bei den kleinsten Fußveränderungen immer gleich an ihr Diabetesteam wenden. Idealerweise suchen sie eine diabetologische Schwerpunktpraxis oder eine diabetologische Fußambulanz einer Klink auf, wo multidisziplinäre Teams arbeiten.“ Denn der Charcot-Fuß, wie das DFS allgemein, ist ein hochkomplexes Erkrankungsmuster, das von Expertinnen und Experten aus der Diabetologie, Gefäßdiagnostik, Wundtherapie, Chirurgie und medizinischen Fußpflege gemeinsam behandelt werden sollte.
Wie erkenne ich einen Charcot-Fuß und wie kann ich vorbeugen?
„Der Charcot-Fuß ist geschwollen, gerötet und warm. Weitere mögliche Symptome sind Unruhe, Kribbeln und ein Gefühl der Instabilität“, erklärt Häusler. „Da Menschen mit Diabetes und einer Polyneuropathie diese Veränderungen oft nicht selbst wahrnehmen, ist es ratsam, die Füße täglich auf Druckstellen, Blasen und Hautveränderungen zu untersuchen. Außerdem sollte unbedingt das richtige Schuhwerk gewählt und eine sorgfältige Fuß- und Nagelpflege betrieben werden.“ Die Diabetesberaterin und Wundassistentin empfiehlt außerdem, Kontrolltermine wahrzunehmen, auf Rauchen und Alkohol zu verzichten und Übergewicht, Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwerte zu vermeiden. „Was Menschen mit Diabetes und einem DFS unbedingt wissen sollten: Seit 2021 können sie sich vor einer Amputation eine kostenfreie unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen“, so Häusler. Auch hierfür ist es ratsam, sich an spezialisierte Einrichtungen zu wenden, denn häufig sind Amputationen mithilfe alternativer, moderner Therapien vermeidbar.
Weitere Informationen:
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Quelle:
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V.