Zugegeben, im Winterhalbjahr ist das Auffinden und Sammeln von Wildkräutern nicht unbedingt die erste Wahl – das Verkosten allerdings schon, gerade weil in dieser Zeit deftiges Essen und Süßkram mehr als sonst auf den Tisch kommt und die Wildkräuter dazu einen guten Gegenpol bilden. Aus diesem Grund habe ich das Jahr über, hauptsächlich im Frühjahr und Sommer, hier und da Wildkräuter gesammelt und getrocknet. Jetzt, wo das jahreszeitlich bestimmte Wetter und, neben all den Viren und Bakterien, die sowieso unterwegs sind, auch ein ganz bestimmtes Virus uns bedrängen, kommen meine gesammelten Kräuter zum Einsatz. In kleinen Mengen werden sie vermahlen und einmal täglich eingenommen. Wenn man es nicht gewohnt ist, kann man sich an den Geschmack erstmal annähern und mit einer Messerspitze Pulver anfangen. Im Mund einige Zeit einspeicheln; oder das Pulver in etwas Wasser einrühren und trinken.
Wildkräuter – unter diesem Begriff versammeln sich eine ganze Menge Pflanzen. Ihnen gemein ist, dass sie nicht angepflanzt oder kultiviert werden/wurden. Mit dem Platz, an dem sie wachsen, und den dort herrschenden Bedingungen, müssen sie irgendwie zurechtkommen. Das hat zur Folge, dass sich diese Pflanzen im Laufe der Zeit ein Paket von Überlebensmechanismen zusammengepackt haben und Stoffe entwickelt haben, die sie vor Krankheiten, Fressfeinden, Trockenheit, Hitze, Kälte, etc. schützen. Im Vergleich zu kultivierten Pflanzen besitzen diese Wildpflanzen oft eine größere Anzahl bzw. eine höhere Menge von Wirkstoffen.
In der Pflanzenheilkunde werden seit Jahrhunderten Heilpflanzen für die Therapie bestimmter Erkrankungen eingesetzt. Bei der Einnahme des oben beschriebenen Wildkräuterpulvers geht es aber in erster Linie nicht um die Behandlung von Krankheiten. Vielmehr dient das Zusammenspiel der verschiedenen Kräuter und deren Vitalstoffen dem Erhalt der Gesundheit. Mit den Wildkräutern muss sich vorrangig der Magen-Darm-Trakt befassen. In den meisten Fällen ist so ein Wildkräuterpulver erstmal etwas Neues, aber durchaus willkommen. Die kleine Menge Pulver ist für ein normal befindliches Verdauungssystem gut bewältigbar. Im besten Falle werden die Verdauungssäfte angeregt, die Bitterstoffe werden vor allem Leber und Galle in Gang bringen. Spätestens im Darm wird das Immunsystem mit involviert und trainiert. Und so kommt nach und nach der ganze Organismus dran und bekommt auf die ein oder andere Weise etwas der Vitalkraft der Wildkräuter zu spüren.
Klar, es gibt genügend fertige Präparate zu kaufen. Gerade auf dem Gebiet der Bitterstoffe hat sich in der letzten Zeit viel getan und gute Produkte hervorgebracht. Und wer im Sommer nicht gesammelt hat, kann guten Gewissens auf diese Produkte zurückgreifen. Wer sich aufmacht, selbst mal mit Wildkräutern zu arbeiten, wird merken, dass es noch anderes Interessantes außer dem Konsumieren gibt. Beim Sammeln, Trocknen und Mahlen kommen alle Sinne zum Einsatz. Mit den Händen werden die Pflanzen berührt, ihre Struktur und Eigenheiten sowie die Veränderungen durch den Trocknungsvorgang wahrgenommen. Die Augen erkennen die Vielfalt der Farben und Formen. Frische und getrocknete Pflanzen hören sich auch ganz anders an. Ebenso der Geruch verändert sich mit der Zeit. Es spricht also viel dafür und kaum etwas dagegen (nicht geeignete Standorte wie etwa direkt an einer viel befahrenen Straße, etc.), selbst zu sammeln. Und selbstverständlich: im Frühjahr und Sommer werden wir die Wildkräuter auch im frischen Zustand genießen, im Salat, im Smoothie… Jetzt aber ist die Zeit für das Pulver. Wohl bekomm’s!
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