Mit Wärme verbinden die meisten Menschen positive Gefühle insbesondere in der kalten Jahreszeit. Doch Wärme kann auch als therapeutisches Mittel angewendet werden, wie erfolgreich in der Physiotherapie. Wärmeanwendungen werden häufig als vorbereitende und unterstützende Maßnahme für physiotherapeutische Behandlungen eingesetzt. „Die äußerliche Anwendung von Wärme ist ein therapeutisches Verfahren, das schon seit Jahrhunderten praktiziert wird und auch in unserer modernen Welt Bestand hat“, sagt Ute Repschläger, Physiotherapeutin und Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V.
Die Wärmetherapie wird in der Nationalen Versorgungsleitlinie nichtspezifischer Kreuzschmerzen, die Behandlungsoptionen bei Rückenschmerzen aufzeigt, als ergänzende Behandlungsoption zu aktivierenden Therapiemaßnahmen aufgeführt. Sie ist ein thermotherapeutisches Verfahren und gehört zur Gruppe der physikalischen Medizin. Die Wärmetherapie macht sich die Reaktionen von Haut, Unterhaut und tieferen Geweben auf die Wärmeeinwirkung zunutze, um ihre heilende Wirkung zu entfalten. Die Wärmetherapie kann auf vielfältige Art und Weise appliziert werden. Die unterschiedlichen Anwendungsformen unterscheiden sich durch das physikalische Prinzip, das für die Wärmeübertragung verantwortlich ist.
Dabei gibt es drei unterschiedliche Wirkprinzipen. Das Prinzip der Wärmeleitung (Konduktion) findet bei Wärmepackungen Anwendung. Dabei kommen häufig die sogenannten Peloide zum Einsatz, die besonders gut Wärme speichern können. Peloide (griech. pelos = weicher Schlamm) sind Materialien wie Ton oder Lehm, die als Packungen aufgelegt werden. Die Wärmeströmung (Konvektion), wie bei einem heißen Bad, und die Wärmestrahlung in Form von Infrarotstrahlung sind weitere Möglichkeiten der Wärmeapplikation.
Die Wirkung der Wärme wird unter anderem über Thermorezeptoren vermittelt. Durch die Stimulation kommt es zu reflektorischen Effekten, die über nervale Verbindungen zwischen den Rezeptoren – zum Beispiel zwischen der Haut und dem Organsystem – übertragen werden. Dadurch erreicht die Wärme die oberflächlichen Strukturen und hat auch eine Wirkung auf tiefergelegene Schichten.
Die Wärmetherapie hat folgende therapeutische Effekte:
- Sie wirkt durchblutungsfördernd durch Gefäßerweiterung.
- Sie verbessert den Stoffwechsel von Zellen und Muskulatur, indem die Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr erhöht wird.
- Bei wiederholter Anwendung wird die Regeneration der Muskeln gefördert.
- Die empfindlichen Nervenbahnen leiten Wärmereize über Schaltstellen im Rückenmark und Gehirn an das Schmerzzentrum. Dadurch werden chemische Prozesse ausgelöst, die das Schmerzempfinden dämpfen.
- Wärme wirkt regulierend auf die Produktion von Stresshormonen. Deshalb wirkt Wärme auch auf psychischer Ebene entspannend. Der Mensch „lässt locker“ und entkrampft, der Muskeltonus (Spannung der Muskulatur) nimmt ab.
Oft angewendete Formen der Wärmetherapie sind Packungen mit Peloiden, die Heiße Rolle sowie die Infrarot- und die
Die Heiße Rolle ist eine Wärme-Behandlung mit einer Rolle aus trichterförmig aufgerollten Handtüchern. In die Handtücher-Rolle wird kochendes Wasser eingefüllt. Die Kombination aus Wärme und aktiv rhythmischen Roll- und Streichbewegungen führt lokal zu einer starken Mehrdurchblutung und Stoffwechselverbesserung. Die Wirkung überträgt sich reflektorisch auf innere Organe und die Muskulatur im Behandlungsgebiet.
Bei der Infrarotbehandlung erzeugt das Infrarotlicht Wärme auf der damit behandelten Körperstelle. Diese Therapieform wird häufig ergänzend neben Therapiemethoden aus der Physiotherapie bei Patienten mit Schmerzen des Bewegungsapparats eingesetzt. Das Infrarotlicht ist ein natürlicher Bestandteil des Sonnenlichtspektrums. Die Infrarotstrahlung erreicht die oberflächlichen Hautschichten und sorgt für eine Mehrdurchblutung, wodurch wiederum Stoffwechselprozesse angeregt werden, die eine schmerzlindernde Wirkung hervorrufen. Die Behandlung mit Heißluft entspannt die Muskulatur und lindert Schmerzen. Für Patienten, die sich ungern in eine Packung „einpacken lassen“, kann diese Anwendung eine gute Alternative sein.
Durch die unterschiedlichen Wärmeanwendungen wird das Bindegewebe flexibler und der Muskeltonus sinkt, sodass beispielsweise mobilisierende Techniken an Gelenken besser durchgeführt werden können. Indikationen für den Einsatz von Wärmetherapie sind unter anderem Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats im chronischen Stadium (z.B. Morbus Bechterew), Arthrosen, muskuläre Verspannungen, Schulter-Nackenverspannungen, Rückenschmerzen und Kiefergelenksbeschwerden/
Manchmal ist eine Wärmeanwendung nicht angeraten oder sollte zuerst mit einem Arzt besprochen werden. Das gilt etwa bei akuten Entzündungen wie grippalen Infekten oder akuten Gelenkentzündungen, (hohem) Fieber, offenen Hautverletzungen oder Hautirritationen im zu behandelnden Körperareal. Aber auch Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Bluthochdruck (Hypertonie), Krebserkrankungen, Blutungsneigung, Durchblutungsstörungen wie bei Raucherbein, Thrombosen oder Krampfadern sowie
Eine klassische Indikation für den Einsatz von Wärmetherapie im Rahmen der physiotherapeutischen Behandlung ist der „Hexenschuss“. Neben der manuellen Therapie und der Anleitung von aktivierenden Maßnahmen kann eine heiße Rolle mit feuchten Tüchern unterstützend in der Therapie eingesetzt werden. Damit wird einerseits aktiv auf einen ökonomischen Bewegungsablauf hingearbeitet und andererseits die verspannte Muskulatur bearbeitet. „Beim Hexenschuss aber auch bei vielen anderen Indikationen stellt die Wärmetherapie eine sinnvolle Ergänzung in der physiotherapeutischen Behandlung dar“, erklärt Repschläger.
Quelle:
Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V.