Pflegende Angehörige: „Letzte Hilfe“-Kurse über den Umgang mit dem Sterben.
Joachim Kübler sprach mit der Sozial-und Pflegeberaterin Anja Wagner (Foto: Stiftung kreuznacher diakonie).
Frage:
Frau Wagner, Sie sind beim Pflegestützpunkt Bad Kreuznach als Sozial-und Pflegeberaterin tätig und bieten von Zeit zu Zeit auch „Letzte Hilfe“-Kurse an. Auf welche Idee geht der Kurs zurück und was ist das Ziel?
Anja Wagner:
Die Idee und das Konzept des Kurses ist 2008 von Dr. Georg Bollig, Palliativmediziner und Mitbegründer von Letzte Hilfe Deutschland, erstmals veröffentlicht worden. Die ersten „Letzte Hilfe Kurse“ gab es 2014 in Norwegen und ab 2015 auch in Deutschland. Mittlerweile gibt es Letzte Hilfe Kurse in 21 Ländern weltweit.
Frage:
Muss man zertifiziert sein, um die Kurse halten zu dürfen?
Anja Wagner:
Ja, um Kurse anbieten zu können, erfordert es eine Kursleiterschulung bei Letzte Hilfe Deutschland und zur Aufrechterhaltung der Zertifizierung muss mindestens ein Kurs pro Jahr geleitet werden.
Frage:
Warum bedarf es Ihrer Meinung nach überhaupt Kurse zum Umgang mit Sterben und Tod?
Anja Wagner:
Das Wissen über Sterben, Tod und Trauer sind uns in weiten Teilen verloren gegangen. Aus Unsicherheit und Ängsten meiden viele die Begegnung mit sterbenden Menschen. Da geht viel Mitmenschlichkeit und Zuwendung verloren. Durch das im Kurs Erlernte kann ich Berührungsängste abbauen und durch meine Kenntnisse ein würdevolles Sterben begleiten.
Frage:
Ist der Kurs nur für pflegende Angehörige oder generell für interessierte Personen?
Anja Wagner:
Der Kurs richtet sich an alle Interessierten. Um die Kurse zielgruppengerecht anbieten zu können, gibt es Kursangebote für Kinder und Teens, für Erwachsene und für Profis. Die Letzte Hilfe Kurse, die wir anbieten, sind für Erwachsene ohne fachliche Kenntnisse zu diesem Thema.
Frage:
Und können oder sollten vielleicht auch junge Menschen oder gar ganze Familien den Kurs besuchen, um sich auf die „Letzte Hilfe“ vorbereiten zu können?
Anja Wagner:
Jeder Mensch ist in seinem Leben mit Sterben konfrontiert. Da ist der Tod von nahen Angehörigen, von Freunden und Nachbarn und auch der eigene Tod steht jedem von uns bevor. Diese Tatsache allein kann schon Motivation sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen und das gilt für jedes Alter und für jede Lebensphase. Kinder beispielsweise haben hier eigene und andere Ideen und Vorstellungen als Erwachsene und oftmals viel unkomplizierter und weniger angstbesetzt. Das ausgeschlossen werden und die Tabuisierung ist das, was es für Kinder unverständlich werden lässt. Umso selbstverständlicher unser Umgang mit Tod und Sterben ist, umso besser kann es gelingen, sterbende Menschen zu begleiten und ihr Lebensende zugewandt und bestmöglich zu gestalten.
Frage:
Sicher kann das Thema sehr emotional werden – wie werden die Teilnehmenden während des Kurses betreut?
Anja Wagner:
In der Einführung zum Kurs bieten wir an, dass es verstanden wird, wenn Teilnehmende emotional reagieren oder vielleicht auch eine Auszeit brauchen und sich zurückziehen möchten. Der Kurs wird immer mit zwei Kursleitenden durchgeführt. Hierdurch kann, wenn gewünscht oder erforderlich, eine persönliche Begleitung angeboten werden.
Frage:
Was wird in den Kursen konkret vermittelt?
Anja Wagner:
Der Kursinhalt orientiert sich an den Modulen
- Sterben ist ein Teil des Lebens
- Vorsorgen und Entscheiden
- Leiden lindern
- Abschied nehmen
Ziel ist es, Sterben und Tod als Teil unseres Lebens zu begreifen, was passiert eigentlich in der letzten Lebensphase, wie kann ich vorsorgen und welche Entscheidungen sind zu treffen, welche Beschwerden treten in der letzten Lebensphase häufig auf und wie kann ich helfen und begleiten. Das Hilfesystem für sterbende und schwerkranke Menschen und deren Angehörige in Deutschland und regional vor Ort kennenlernen und schließlich Informationen rund um die Themen Trauer und Bestattung.
Frage:
Wie lange dauern solche Kurse?
Anja Wagner:
Ein Kurs umfasst 4 Unterrichtseinheiten, also 4x 45 Minuten und mit Pausen ergibt sich eine Dauer von 4 Stunden.
Frage:
Was kosten die Kurse?
Anja Wagner:
Der Kurs wird kostenfrei angeboten. Eine Spende der Teilnehmenden ist willkommen.
Frage:
Wann sind die nächsten Termine in der Region Bad Kreuznach?
Anja Wagner:
Der nächste Kurs findet im September hier in Bad Kreuznach statt. Dieser Kurs ist schon ausgebucht. Erfreulicherweise, weil es zeigt, dass Letzte Hilfe ein Thema ist, dass die Bürgerinnen und Bürger anspricht und bewegt. Interessierte an einem Kurs können sich aber jederzeit bei mir melden. Ich führe eine Interessentenliste und informiere diese, wenn ein weiterer Termin geplant ist. Aktuell werden die Kurse vom Pflegestützpunkt Bad Kreuznach in Kooperation mit dem Eugenie Michels Hospiz der Stiftung kreuznacher diakonie und auch vom Christlich Ambulanten Hospizdienst an der Nahe angeboten. Frau Morenz-Meyer vom Hospizdienst und ich stehen in engem Austausch, um uns über die Kurstermine auszutauschen. Interessierte werden bei der Kontaktaufnahme auch auf die jeweiligen Termine hingewiesen.
Pflegestützpunkt Bad Kreuznach I
Anja Wagner Sozial- und Pflegeberaterin
Wilhelmstraße 84-86
55543 Bad Kreuznach
Tel 0671 920473 – 13
anja.wagner@pflegestuetzpunkte-rlp.de