Die Mandarine stammt wie alle Zitruspflanzen aus dem asiatischen Raum und ist in China wohl schon seit Jahrtausenden bekannt. Zusammen mit der Kumquat wird sie als erste der Zitrusfrüchte in der chinesischen Literatur erwähnt. In China wird die Mandarine bis heute angebaut und in Küche sowie Medizin verwendet. Der Begriff „Mandarine“ bezieht sich dabei sowohl auf die leuchtend orangefarbenen Früchte als auch auf die Pflanze. Der immergrüne Mandarinenbaum zählt unter den Zitruspflanzen eher zu den kleineren. Er wird nur ca. fünf Meter hoch. Der Zusatz „reticulata“ im botanischen Namen bezieht sich auf die weiße innere Haut, die bei reifen Früchten das Fruchtfleisch wie ein Netz umspannt. Nach Europa kam die Pflanze im 19. Jahrhundert.
Die reifen Mandarinen schmecken süß und sauer; sie haben eine erfrischend-kühlende Wirkung. Folgerichtig setzt sie die chinesische Medizin vor allem bei hitzigen Prozessen ein. In Europa kommen die Mandarinen vorwiegend im Winterhalbjahr auf den Markt, wo Hitze als äußerer, klimatischer Faktor eher die Ausnahme ist. Ein hitziger Prozess ist im kalten Winter daher beispielsweise zu wenig Feuchtigkeit, die sich in trockener Haut/Schleimhaut und trockenem Husten äußert. Trockene, kalte Luft draußen und trocken-warme Heizungsluft drinnen begünstigen diesen Zustand. Hitze kann sich aber auch entwickeln, wenn sich eine Erkältung festgesetzt hat. Ein ursprünglich vielleicht kalter Prozess schlägt dann in Hitze um, die sich z.B. in Fieber zeigen kann. Hier kann die Mandarine Abhilfe schaffen, denn sie bringt Säfte hervor – so formuliert es die chinesische Medizin. Darunter ist zu verstehen, dass der Körper genügend Flüssigkeit bekommt, um die für alle Körperfunktionen notwendigen Körpersäfte wie z.B. Blut, Zellflüssigkeit, Speichel etc. herzustellen. Wenn genügend Säfte vorhanden sind, dann sind Haut und Lunge ausreichend befeuchtet und können ihre Aufgaben wahrnehmen. Genügend Feuchtigkeit bedeutet genügend Yin und damit ein kühlender Gegenpart zum Yang, der Hitze. Der saure Anteil der Mandarine bewirkt ein Zusammenziehen der Poren; er hilft dadurch die mühsam hergestellten Körpersäfte zu bewahren.
Die chinesische Medizin nutzt außer den Früchten auch die Fruchtschale, sowohl von den reifen als auch von den unreifen grünen Früchten. Die Schale hat gegenüber dem Fruchtfleisch eine wärmende Wirkung. Sie schmeckt bitter und scharf. Mit diesen Eigenschaften wird sie vor allem im Verdauungstrakt eingesetzt. Die Schale kann das Qi dort regulieren und die Verdauung unterstützen. Krämpfe und Verspannungen werden gelöst, Übelkeit und Brechreiz werden gelindert.
Das ätherische Öl der Mandarinenschale, das es in Rot (aus reifen Früchten) und Grün (aus unreifen Früchten) gibt, wird in der Aromatherapie geschätzt. Wir kennen alle die Wirkung, die eine soeben geschälte Mandarine in einem Raum auslöst. Der Duft erfrischt, wärmt das Herz und hebt die Stimmung. Dieses ausgleichende und fast schon fröhlich zu nennende Aroma wird gern bei Kindern eingesetzt – als Duftöl und eigentlich noch besser als Massageöl. Auf den Bauch aufgetragen lindert das Mandarinenöl Krämpfe und Beschwerden im Oberbauch (nicht nur bei Kindern) sowie Schwangerschaftsübelkeit. Darüber hinaus regt das Mandarinenöl den Hautstoffwechsel an und ist daher ein gutes Mittel bei Cellulitis und Narbenbehandlung. Bei ätherischem Mandarinenöl ist darauf zu achten, dass es aus biologischem Anbau stammt. Pestizide und andere Schadstoffe lagern sich nämlich gerade in der Schale an, aus der das ätherische Öl gewonnen wird.
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