Die Wegwarte, Blume des Jahres 2009, ist eine in Europa und Nordafrika heimische Pflanze. Sie wächst auf Wiesen und Äckern und, wie der Name schon nahelegt, an Wegrändern. Die Wegwarte gehört zu den Pionierpflanzen, d.h. sie besiedelt als eine der ersten Pflanzen brachliegendes Gelände. Die Wegwarte kann bis zu 130 cm hoch werden und ist außerhalb der Blütezeit eine eher unscheinbare Pflanze. Von Juli bis September zeigt sie schöne, blaue Blüten, die sich der Sonne zuwenden, aber nur für einen Tag offen sind. Ihre Wurzel ist pfahlförmig und reicht tief in den Boden. Andere Namen der Wegwarte sind Wegleuchte, wilde Endivie oder Zichorie. Sie wird bereits bei den alten Ägyptern und Griechen sowie dann im Mittelalter als Heilpflanze genutzt und beschrieben. Außerdem taucht sie in verschiedenen Mythen und Sagen als Glücksbringer und als zauberkräftige Pflanze auf.
Von der Wegwarte können das ganze Kraut und die Wurzel medizinisch genutzt werden. Sie schmeckt bitter und wirkt kühlend sowie trocknend. Der bittere Geschmack ist wohl dafür verantwortlich, dass die geröstete Zichorienwurzel als Kaffee-Ersatz entdeckt und bis heute genutzt wird. Die Wegwarte wird mit diesen Eigenschaften den Bereichen Magen-Darm, das entspricht der Wandlungsphase Erde (Mitte), und Leber-Galle, Wandlungsphase Holz, zugeordnet. Im Großen und Ganzen sind das die Indikationsbereiche, die auch schon von den Griechen und den mittelalterlichen Heilkundlern aufgeführt wurden. Für den Leber-Galle-Bereich spricht klar der bittere Geschmack. Er regt die Galleproduktion und den Gallefluss an. Mit Worten der chinesischen Medizin wird die Energie der Leber (das Leber-Qi) zum Fließen gebracht. Wenn sich das Leber-Qi staut, dann können Erkrankungen wie Völlegefühl und Gelbsucht, Neigung zu Gallesteinen und Entzündungen auftreten. Die Wegwarte sorgt für einen freien Fluss des Leber-Qis und damit, dass diese Stauungen und Krämpfe gelöst werden. Aufgestaute Energie, die bereits Hitze erzeugt hat, wird verstreut und die Hitze wird gekühlt.
Das freie Fließen der Leber-Energie wirkt sich nicht zuletzt auch in der Wandlungsphase Erde, dem großen Bereich der Verdauung, aus. Die Wegwarte unterstützt die Verdauungsfunktion und harmonisiert ihre verschiedenen Mitarbeiter wie Magen und Darm in ihrer Arbeit. Wie bei Leber und Galle werden die anderen Verdauungssäfte mit angeregt. Die Verdauung läuft reibungsloser und effektiver. Die Wegwarte kann somit gegen Appetitlosigkeit und Blähungen sowie gegen Entzündungen und Verschleimungen im Magen-Darm-Trakt eingesetzt werden. Die Wegwarte wirkt auch blutzuckersenkend. Verantwortlich ist dafür das Inulin, das in der Wurzel gebildet wird.
Wenn die Wandlungsphasen Erde und Holz gut funktionieren und das Qi frei fließen kann, dann hat der gesamte Organismus etwas davon. Die Wegwarte wirkt daher auch bei hitzigen Erkrankungen der Haut und der Augen, bei Verschleimung der Atemwege und der Harnwege. Generell fördert sie den Stoffwechsel und eignet sich daher sehr gut, um den Organismus gerade in den Übergangsjahreszeiten Frühjahr und Herbst umzustimmen. Dazu werden aus der Wurzel und/oder dem Kraut Tee oder Tinkturen angesetzt und eingenommen.
Neben der medizinischen Wirkung ist die Wegwarte auch in der Küche eine wertvolle Zutat. Zu ihrer Art gehören nämlich auch die kultivierten Verwandten wie Endivie, Chicoree und Radicchio. Die Verwendung als Salat bzw. als Gemüse ist im großen Stil erst seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Gerade auch die italienische Küche hat für die Verbreitung der bitteren Salat- und Gemüsesorten gesorgt. Hier lässt sich vortrefflich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.