Die Nachtkerze stammt ursprünglich aus Nordamerika. Im 17. Jahrhundert kam sie nach Europa und hat sich hier zunächst als Zier-, später auch als Nutzpflanze einen festen Platz in den Gärten erobert. Die Blätter, Blüten und Wurzeln der Nachtkerze sind essbar. Die Wurzel färbt sich durch Kochen rosa, so dass die Nachtkerze auch Schinkenwurz genannt wurde. Die jungen Blätter und die Blüten eignen sich roh als Salatbeigabe; die Blätter können gekocht als Gemüse gegessen werden. Die kulinarische Verwendung der Nachtkerze ist allerdings heute selten geworden. Die Bezeichnung Nachtkerze hängt mit den Blüten zusammen, die sich erst in der Abenddämmerung öffnen. Von Juni bis Oktober blühen sie die Nacht über und verströmen einen süßlichen Duft, der vor allem Nachtfalter wie das Taubenschwänzchen anlockt. Weitere Namen für die Nachtkerze sind Gelber Nachtschatten, Schinkenkraut oder Rübenwurz.
Dass die Nachtkerze auch medizinisch eingesetzt werden kann, war schon den nordamerikanischen Indianern bekannt. In den europäischen Breiten ist das Wissen um die Heilkräfte der Nachtkerze erst in der Neuzeit wieder entdeckt worden. Vor allem das Öl der Nachtkerzensamen und seine Inhaltsstoffe haben in der Naturheilkunde einen Stammplatz bei der Behandlung von Hautkrankheiten. Die gelbgrüne Farbe und der erdig-herbe Geschmack dieses Öls weisen aus Sicht der chinesischen Medizin auf die Wandlungsphasen Erde und Holz hin. Tatsächlich lassen sich die Krankheiten, die mit dem Nachtkerzenöl behandelt werden, nach der chinesischen Diagnose zumeist diesen beiden Wandlungsphasen zuordnen. Dazu gehören entzündliche Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Windeldermatitis oder empfindliche, juckende und trockene Haut. Das Nachtkerzensamenöl kann äußerlich aufgetragen werden – als pures Öl oder als Bestandteil in Salben oder Cremes. Eine innerliche Einnahme ist aber auf jeden Fall auch zu empfehlen. Das Öl der Nachtkerze ist nämlich reich an Gamma-Linolensäure. Diese ungesättigte Fettsäure gehört zu den essentiellen Stoffen, die der menschliche Organismus nicht selbst herstellen kann. Sie ist bei den genannten Erkrankungen im Körper der Betroffenen zuwenig vorhanden. Die Gamma-Linolensäure ist wichtiger Bestandteil des Zellstoffwechsels und hilft damit der Haut, sich zu regenerieren. Außerdem kann der Körper aus der Fettsäure andere wichtige Bausteine herstellen, die beispielsweise gegen Entzündungen wirken. Nachtkerzenöl hat einen beruhigenden und stabilisierenden Effekt auf gereizte Haut.
Die Wandlungsphase Holz ist der Ort, wo auch Spannungen oder Verkrampfungen wie bei Beschwerden vor dem Einsetzen der Regelblutung im Unterleib sowie Brustspannen dazugehören. Das Öl der Nachtkerze kann diese Beschwerden verbessern. Aus chinesischer Sicht wird der Qi-Fluss befreit und kann wieder ungehindert seine Bahnen ziehen. Aus westlicher Sicht verbessert das Nachtkerzenöl den Zellstoffwechsel und lindert deshalb die Beschwerden. Außerdem senkt die Nachtkerze den Blutfett- und Cholesterinspiegel.
Der hohe Anteil von ungesättigten Fettsäuren macht das Nachtkerzenöl auch empfindlich für Sauerstoff. Im Kontakt mit Luft kann es schnell ranzig werden. Für eine kurmäßige Einnahme von Nachtkerzenöl sind daher Kapseln zu empfehlen. In dieser Form ist die Einnahme auch am einfachsten, zumal die Nachtkerze über einen längeren Zeitraum (mehrere Wochen bis Monate) eingenommen werden sollte, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Titelfoto:
Madeleine Steinbach -AdobeStock_173545525