Heidelberg – Die rektale Tastuntersuchung eignet sich nicht zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern im Alter von 45 Jahren – die Untersuchung ist zu wenig sensitiv und hat eine zu hohe Falsch-Positiv-Rate. Das berichtet eine Arbeitsgruppe des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) im Fachjournal European Urology Oncology.
Die rektale Tastuntersuchung ist seit 1971 Teil des Früherkennungsprogramms der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ihre diagnostische Aussagekraft gilt allerdings als gering. Insbesondere für jüngere Männer lagen laut der Arbeitsgruppe aber bislang keine Daten dazu vor.
Die Wissenschaftler stellen jetzt Ergebnisse aus der PROBASE-Studie vor – das ist eine bevölkerungsbezogene, randomisierte Prostatakrebsscreeningstudie, die die Wirksamkeit eines risikoangepassten PSA-Screenings untersucht, das entweder im Alter von 45 Jahren oder 50 Jahren beginnt.
6.537 Teilnehmer im Kontrollarm von PROBASE, deren PSA-Werte zunächst nicht bestimmt wurden, hatten sich bei Studieneintritt im Alter von 45 Jahren einer rektalen Tastuntersuchung unterzogen. Dabei wurden 57 verdächtige Befunde ermittelt. Bei der Mehrzahl der betroffenen Männer konnten die verdächtigen Tastbefunde anschließend durch die Untersuchung einer Prostatagewebeprobe überprüft werden.
Es zeigte sich: Nur bei drei Teilnehmern fand sich tatsächlich ein Karzinom. Die übrigen Befunde erwiesen sich als falsch-positiv. Die Wissenschaftler konnten die Aussagekraft der Tastuntersuchung zusätzlich bei Studienteilnehmern untersuchen, bei denen Prostatakarzinome mittels des PSA-Tests aufgefallen waren. 86 Prozent dieser Männer hatten einen unauffälligen Tastbefund, obwohl ihre Tumoren zum großen Teil in potenziell zugänglichen Regionen der Prostata lagen.
„Die rektale Tastuntersuchung als Screeningtest zur Früherkennung von Prostatakrebs kann gleich in zweierlei Richtungen Schaden anrichten: Aufgrund der geringen Sensitivität könnten sich Teilnehmer bei einem negativen Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen und durch die hohe Falsch-Positiv-Rate werden viele Männer unnötig in Angst versetzt“, sagte Agne Krilaviciute vom DKFZ, die Erstautorin der Studie.
„Der PSA-Test hat sich in großen randomisierten Studien als eindeutig überlegen erwiesen. Wir sollten mit großem Nachdruck eine risikoadaptierte, bevölkerungsweite Einführung vorbereiten, die bei abklärungsbedürftigen Befunden die Möglichkeit einer MRT-Untersuchung beinhaltet“, zog der Studienleiter Peter Albers ein Fazit der Studie. Albers leitet eine Forschungsabteilung am DKFZ und ist Direktor der Urologischen Universitätsklinik Düsseldorf.
Die PROBASE-Studie wird in an den Universitätskliniken in Düsseldorf, Hannover, der Technischen Universität München und Heidelberg durchgeführt, durch das DKFZ koordiniert und von der Deutschen Krebshilfe gefördert.
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© hil/aerzteblatt.de