Kopf-Hals-Tumoren lassen sich mit „Sonnen-Vitamin“ effektiver bekämpfen
Therapieresistenzen sind eine Hauptproblematik bei Krebs. Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Mainz haben zusammen mit der Alexandria Universität in Ägypten nun einen neuen Mechanismus zur Überwindung von Therapieresistenzen bei Kopf-Hals-Tumoren identifiziert. Hierbei spielt die Gabe von Vitamin D eine entscheidende Rolle, um den Effekt der Chemotherapie zu verstärken. Die Kombination induziert das „Selbstmordprogram“ selbst in therapieresistenten Tumorzellen. Die Erkenntnisse bilden nicht nur eine Grundlage für neue Kombinationstherapien, sondern könnten auch unser Verständnis über Nahrungsergänzungsmittel bei Krebs verbessern. Nachzulesen sind sie in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift „Cancers“.
Vitamin D steht in dem Ruf, die Überlebensrate von onkologischen Erkrankungen zu verbessern. Die genauen Ursachen sind jedoch noch nicht verstanden. Vitamin D ist kein Vitamin im eigentlichen Sinne, sondern eher ein Hormon, und hat daher vielfältige Effekte. Bekannt auch unter dem Namen „Sonnen“-Vitamin, wird circa 90 Prozent des benötigten Vitamin-D-Bedarfs in der Haut mit Hilfe von Sonnenstrahlen gebildet. Ein Vitamin-D-Mangel ist jedoch in der älteren Bevölkerung und insbesondere bei Krebspatient:innen weit verbreitet. Daher werden in einigen Ländern sogar Nahrungsmittel mit Vitamin D angereichert.
Doch wie übt Vitamin D eigentlich seine positive Wirkung aus und unter welchen Umständen sollte über eine therapiebegleitende Vitamin-D-Gabe nachgedacht werden? Kann Vitamin D bei Therapieresistenzen helfen? Diese Fragen stellte sich das Forscherteam um Prof. Dr. Roland Stauber an der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik und Poliklinik – Plastische Operationen der Universitätsmedizin Mainz. Für die Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren mittels Chemotherapie werden hauptsächlich Platin-basierte Zytostatika eingesetzt, beispielsweise Cisplatin. Allerdings kann der Körper Resistenzen entwickeln, so dass die Mittel nur begrenzt wirken, also nicht im gewünschten Ausmaß die Krebszellen abtöten.
„Therapieresistenzen stellen eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren dar. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind komplex und trotz intensiver Forschung noch nicht vollständig aufgeklärt. Das macht unsere Arbeit in diesem Bereich so bedeutend“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Roland Stauber.
Die Wissenschaftler:innen fanden heraus, dass die kombinierte Behandlung von Vitamin D und Cisplatin zum vermehrten Absterben selbst von Cisplatin-resistenten Tumorzellen führte. Vitamin D alleine zeigte keine Auswirkung auf das Überleben der Krebszellen. Die Kombination bewirkte eine erhöhte Bildung des sogenannten BIM-Eiweißes in den Krebszellen. Dieses „Selbstmordprotein“ leitet den programmierten Zelltod ein. Dabei handelt es sich um ein natürliches Schutzprogramm der Zelle, welches jedoch im Zuge der Resistenzentwicklung in Tumorzellen häufig inaktiviert wird.
„Mit unseren Ergebnissen legen wir einen wichtigen Grundstein für die weitere klinische Erforschung einer kombinierten Vitamin-D-Chemotherapie“, erklärt Aya Khamis, Erstautorin der Studie und Mitglied in der Forschungsgruppe von Professor Stauber. Dieser ergänzt: „Nun gilt es herauszufinden, wie relevant unsere Entdeckungen auch für die Behandlung anderer Krebsarten sind, wie beispielsweise Brust- oder Darmkrebs.“
Die Studie wurde unter anderem durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie mit inneruniversitären Mitteln finanziell gefördert.
Tumore des Rachens, des Kehlkopfs, der Lippen und der Mundhöhle gehören zu den zehn häufigsten Krebsarten. Weltweit verursachen sie rund fünf Prozent der tumorbedingten Todesfälle. Aufgrund der aggressiven Heterogenität dieser Tumoren, der anatomischen Unzugänglichkeit und hohen Rezidivraten haben sich die Überlebensraten für die Kopf-Hals-Tumore in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich verbessert. Die Behandlung umfasst in der Regel Operation, Bestrahlung und Chemotherapie oder eine Kombination von Behandlungen.
Quelle:
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz