Die Weinrebe stammt aus Vorderasien, wo der Weinanbau bis ins 6. Jahrtausend vor Christus zurückgeht. Wein war neben dem Genuss ein wichtiger Bestandteil des religiösen Lebens. Zahlreiche mythologische Erzählungen und Überlieferungen zeugen davon. Über den gesamten Mittelmeerraum gelangte die Weinrebe bis nach Mitteleuropa; für Deutschland waren es die Römer, die den Weinanbau an Rhein und Mosel begründeten. Botanisch gesehen ist die Weinrebe ein rankender Strauch mit einer tief reichenden Wurzel. Sie bevorzugt eher karge Böden. Im Frühsommer blüht die Weinrebe mit kleinen Rispenblüten, die je nach Sorte grüne, gelbe oder rote, blaue Beeren hervorbringen.
Die Weinbeeren haben einen süßen und sauren Geschmack sowie ein neutrales Temperaturverhalten. Außer dem sauren Geschmack verweisen diese Eigenschaften eigentlich auf die Wandlungsphase Erde/Mitte. Und in der Tat gibt es hier einige Indikationen, bei denen die Traube unterstützend hilft, so beispielsweise bei Mundtrockenheit und bei geringem Appetit. Um einiges mehr bewirkt die Traube aber in den Wandlungsphasen Holz (mit den Organen Leber und Galle) und Wasser (mit Niere und Blase). Die Traube bringt Säfte hervor, sie ist ein regelrechtes Yin-Tonikum. Daher kann sie bei verschiedenen Formen des Yin-Mangels eingesetzt werden: bei trockenen Schleimhäuten, trockenem Husten, nach Fieber oder wenn der Urin zu spärlich bzw. zu dunkel fließt. Der letzte Aspekt gehört schon zur Wandlungsphase Wasser.
Dort hilft die Traube bei verschiedenen Beschwerden des Wasserlassens und auch bei diversen Nierenerkrankungen wie Nierenschwäche oder erhöhten Harnsäurewerten. Die Unterstützung der Ausleitung kann man noch unter einem anderen Gesichtspunkt betrachten. Trauben werden auch bei rheumatischen Erkrankungen genutzt, wenn Gelenke schmerzen, weil sich dort zu viel Feuchtigkeit aufhält. Sie leiten die Feuchtigkeit und mitunter auch Hitze von den betroffenen Körperpartien aus und lindern so die Steifigkeit sowie die Schmerzen.
Wenn man Yin konkreter denkt und auf den menschlichen Körper anwendet, dann gelangt man zu dem Begriff „Blut“, chinesisch „Xue“, der Gegenpart zum „Qi“. Alle Organe haben in irgendeiner Weise mit Blut zu tun, ganz besonders aber die Leber, die das Blut auch speichert. Trauben fördern die Blutproduktion und können somit gut bei Blutarmut eingesetzt werden. Sie verbessern darüber hinaus den Zustand der Blutgefäße und die Fließeigenschaften des Bluts. Sie tragen dazu bei, Erkrankungen wie Arterienverkalkung oder Durchblutungsstörungen vorzubeugen. Der Zustand des Blutes hat nach chinesischer Sicht auch Auswirkungen auf den Geist „Shen“, der seinen Sitz im Blut hat. Zuwenig Blut führt zu geistiger Unruhe, Herzklopfen und – wenn der Blut- bzw. Yinmangel schon größer ist – zu Nachtschweiß. Auch hier kann die Traube lindernd eingesetzt werden.
Trauben können roh gegessen oder als Saft getrunken werden. In getrockneter Form als Rosinen, Sultaninen oder Korinthen verschiebt sich der Wirkungsschwerpunkt in Richtung Mitte. Der Zustand der Mitte ist ein wichtiger Aspekt beim Verzehr von Trauben, egal ob frisch oder getrocknet. Bei Verdauungsproblemen, die mit Kälte zu tun haben, sollten Trauben nicht oder zumindest nur mit warmen Gewürzen zusammen gegessen werden. Auch bei der Menge sollte man auf den Bauch hören, weil der sonst bei zu vielen Trauben sie einfach „durchfallen“ lässt.
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